Der ärztlich assistierte Suizid

Großer Andrang am Sonntagnachmittag zur Veranstaltung der Hospizbewegung. Rund achtzig Teilnehmende hörten die drei Beiträge von Mitgliedern des Vorstands zum schwierigen Thema des „ärztlich assistierten Suizids“. Die Vorsitzende Brigitte Tauscher- Bährle wies zu Beginn in ihrer Begrüßung darauf hin, dass der Blickwinkel der Veranstaltung sich auf alte und schwerkranke Menschen am Lebensende konzentrieren würde – während das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom Februar 2020 allen Suizidwilligen, auch Gesunden, gleich welchen Alters, das Recht auf einen ärztlich begleiteten Suizid einräumt.

1. Gemeinsam leben – (gem)EINSAM STERBEN
Dr.med. Silvia Bangen-Simoni, Fachärztin für Innere und Palliativmedizin i.R., machte den Anfang mit dem Thema „Gemeinsam LEBEN – (gem)EINSAM STERBEN“. Sie verwies auf die noch ausstehenden Durchführungsbestimmungen, die der Bundestag nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts erst beschließen muss. Sie beleuchtete die voraussichtliche Prozedur, die der Suizidwillige dann zu durchlaufen haben würde und erläuterte zu erwartende Schwierigkeiten an diese „Unbedenklichkeitsbescheinigung“ zu kommen. Gleichzeitig unterstrich sie vehement die Aufgabe und Verantwortung jedes Einzelnen wie auch gesamtgesellschaftlich, der Vereinsamung von alten und kranken Menschen entgegen zu wirken und sie nicht im Stich zu lassen. Gerade im Hinblick auf eine Gesetzgebung, die bei alten und kranken Menschen einen Erwartungsdruck entstehen lassen könnte, dahingehend, dass sie durch ihren Suizid nicht länger als Belastung für Familie und Gesellschaft gelten.

2. Beim Sterben helfen?
Pfarrerin Ulrike Hermann, langjährige evangelische Seelsorgerin am Klinikum Friedrichshafen, stellte zunächst den biblischen Gedanken der Gottebenbildlichkeit des Menschen vor ihre weiteren Ausführungen und damit einhergehend die Botschaft vom Gott des Lebens, der auch durch Dunkelheit und Schmerzen an der Seite aller Leidenden bleibe. Sie betonte ausdrücklich die Bereitschaft von Seelsorgenden, alle Menschen unabhängig von ihren Wünschen und Entscheidungen zu begleiten, wenn sie es denn wünschten. Auch Pfarrerin Hermann sieht die Not der Einsamkeit vieler Kranken und appellierte an die Zuhörerschaft, sich in ihrem Umfeld mit offenen Augen und Herzen darum zu kümmern.

3. ICH WILL LEBEN – ICH WILL STERBEN
Im dritten Beitrag von Dr.med. Elvira Kern-Nagel, Fachärztin für Allgemeinmedizin und Radioonkologie, ging es unter dem Titel „ICH WILL LEBEN – ICH WILL STERBEN“ um den Weg einer Patientin in schwerer Krankheit aus ärztlicher Sicht. Sie stellte den Fall einer Frau vor, die mit metastasierter Krebserkrankung zu ihr in die Praxis kam und durch eine gezielte und umfassende sog. Integrative Therapie noch einige gute Jahre erleben durfte. Da sie früher den qualvoll erlebten Krebstod ihres Ehemannes miterleiden musste, war sie Mitglied bei einer Schweizer Sterbehilfeorganisation geworden, um im Bedarfsfall dort ihr Leben beenden zu können. Frau Dr. Kern-Nagel stellte dar, wie die ärztliche Begleitung aussah, mit vielen Gesprächen, die der Kranken Mut machten und in denen viele Fragen und Ängste angesprochen werden konnten. Die Kranke starb schließlich, gut mit Medikamenten gegen ihre verschiedenen Beschwerden unterstützt, ruhig und einverstanden im Kreis ihrer Familie.

Die Anwesenden spendeten insgesamt 525 Euro, die an „Ärzte ohne Grenzen“ weitergeleitet worden sind.

www.hospizbewegung-fn.de
Auf unserer Homepage finden Sie die Stellungnahme des Vorstands vom Mai 2021 zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Thema des ärztlich assistierten Suizids.