Erfahrungsberichte aus dem ambulanten Hospizdienst

Aus Sicht eines Angehörigen

Die Unterstützung durch den Ambulanten Hospizdienst war für mich bei der Betreuung meiner schwerkranken Mutter eine unglaublich hilfreiche Unterstützung. Schon der Erstbesuch durch die Koordinatorin brachte mir die dringend benötigte Entlastung, da ich spürte, jetzt habe ich noch jemanden an meiner Seite, der die Situation mitträgt. Unkompliziert und unbürokratisch wurde die Mitbetreuung meiner Mutter organisiert.
Durch die regelmäßigen Besuche einer ehrenamtlichen Hospizmitarbeiterin hatte ich wieder Freiräume gewonnen, die ich gut zu meiner Erholung nutzen konnte. Aber auch für meine Mutter waren diese Besuche eine willkommene Abwechslung. Sie hatte in der ehrenamtlichen Mitarbeiterin eine aufmerksame Zuhörerin, der sie gerne aus ihrem Leben erzählte und hin und wieder konnten die beiden auch herzhaft zusammen lachen.

Die allerwichtigste Frage (Bericht der ehrenamtlichen Begleiterin)

„Wie werde ich merken, dass es soweit ist? Wie stirbt man?“ Die alte Dame blickte mit unsicheren Augen ihre Besucherin an, zugleich voller Hoffnung, dass sie auf diese, ihr jetzt allerwichtigste Frage, eine Antwort erhalten würde.
Zwei Tage zuvor hatte sich die Tochter der Kranken an den ambulanten Hospizdienst gewandt und mit der Koordinatorin Birgitta Radau den Termin für den Besuch abgesprochen. Liebevoll kümmerte sie sich um ihre alte Mutter und hatte doch den Eindruck, dass es etwas gäbe, wofür sie Unterstützung brauchte. Der Besuch der Ehrenamtlichen des Hospizdienstes fand denn auch gleich tags darauf statt. Die Kranke wünschte sich, mit ihrer Besucherin allein gelassen zu werden. Sie traute sich nicht, in Anwesenheit der Tochter ihre allerwichtigste Frage zu stellen. Vielleicht fürchtete sie, dass die Tochter in Tränen ausbrechen würde oder dass sie ihr schlicht keine Antwort geben könnte, weil sie noch nie zuvor an einem Sterbebett gesessen hatte. In einem längeren Gespräch, mit kleinen Pausen durchzogen, damit die Kranke einen Schluck Wasser zu trinken und den Atem zu beruhigen konnte, erzählte die Ehrenamtliche von ihren Erfahrungen mit dem Sterben. Die beiden Frauen fanden in einen vertrauensvollen Austausch. Nach etwa eineinhalb Stunden verabschiedete sich die Ehrenamtliche und vereinbarte, am übernächsten Tag wieder zu kommen.
Dieser Besuch fand nicht mehr statt, denn die alte Dame war inzwischen verstorben. Die Antwort auf ihre allerwichtigste Frage hatte geholfen, ihr den Weg zu bereiten.

Mitmenschlich begleiten (Bericht der Ehrenamtlichen Begleiterin)

Von der Hausärztin wurde der Ambulante Hospizdienst für die Begleitung von Herrn Sch. angefragt. Mit seinen 56 Jahren war Herr Sch. an einem Darmtumor erkrankt. In Gesellschaft seiner zwei Katzen lebte er ansonsten allein in seiner Wohnung. Angehörige oder andere nahestehende Personen gab es keine.
Gerne erinnert sich die ehrenamtliche Hospizbegleiterin, Frau K., an die Begleitung von Herrn Sch.:
Ganz wichtig war es Herrn Sch. aus seinem Leben erzählen zu können, von vielen positiven und auch negativen Erlebnissen, die sein Leben prägten. Es tat ihm gut, in Frau K. eine aufmerksame und zugewandte Zuhörerin zu haben.
Sehr froh war er auch über die Begleitung von Frau K. zur Erledigung von wichtigen Formalitäten wie z.B. bei der Krankenkasse, oder die Erledigung von Einkäufen. Ein Besuch in einem Café am See, wo er schon sehr lange nicht mehr gewesen war, bescherte Herrn Sch. eine riesige Freude! Im Café sitzen zu können, mit Genuss ein wenig Eis zu essen, die Menschen zu beobachten und sich mit Fr. K. zu unterhalten, ließ die Krankheit für kurze Zeit in den Hintergrund rücken. Am Leben teilnehmen zu können und nicht nur auf sein Kranksein reduziert zu sein, schenkte ihm ein Gefühl von Freiheit.
Mit der Zeit verschlechterte sich sein Zustand, so dass wieder eine Einweisung ins Krankenhaus notwendig wurde. Die Besuche von Fr. K. fanden auch hier weiterhin statt. Dies war für Herrn Sch. eine große Beruhigung. In der Krankenhaus-Umgebung diesem vertrauten Gesicht zu begegnen nahm ihm zumindest einen kleinen Teil seiner Ängste. Nach wenigen Tagen des Aufenthalts im Krankenhaus verstarb Herr Sch..

Sterbebegleitung und Trauerbegleitung